"Diese Bundesregierung steht in der Pflicht, das Rentenniveau dauerhaft zu stabilisieren.“
Anja Piel, Mitglied im DGB-Bundesvorstand
Du kennst das sicher: Wenn es um die Rente geht, wird es schnell emotional und wichtige Fragen stellen sich. Wird meine Rente im Alter für ein würdevolles Leben reichen? Kann ich meinen Lebensstandard halten? Und was passiert, wenn ich krank werde und nicht mehr arbeiten kann?
Für uns ist klar: Die Rente ist viel mehr als nur Armutsabsicherung. Sie muss für das gewohnte Leben und die aktuelle Wohnung reichen, egal wie lange der Ruhestand dauert. Wir finden: Wenn du Jahrzehnte gearbeitet hast, musst du dich auf eine ausreichende Rente im Alter verlassen können. Nur wenn du im Alter und bei Erwerbsminderung gut finanziell und sozial abgesichert bist, kannst du am gesellschaftlichen Zusammenleben teilhaben. Das derzeitige Rentenniveau darf deshalb auf keinen Fall weiter abgesenkt werden. Im Gegenteil: Es muss steigen auf mindestens 50 Prozent. Das ist keine Utopie – eine gute Rente ist bezahlbar und machbar! Wir haben die Konzepte dafür.
Eine unserer größten Errungenschaften ist der Sozialstaat: Wer alt oder erwerbsunfähig ist, soll sich finanziell keine Sorgen machen müssen. Das ist in erster Linie die Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie ist das zentrale Versorgungssystem: Über 90 Prozent der volljährigen Menschen in Deutschland haben Anspruch auf eine spätere gesetzliche Rente oder beziehen sie bereits. Das sind vor allem Arbeitnehmer*innen, da sie pflichtversichert sind. Hinzu kommen aber auch Selbstständige und Freiberufler*innen, die freiwillig einzahlen. Beamte und bestimmte Berufsstände (z. B. Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen) haben ihre eigenen Rentensysteme.
Bezahlt werden die Renten zum größten Teil aus den laufenden Beiträgen. Aber der Rentenversicherung wurden von der Politik auch viele andere Leistungen übertragen. Zum Ausgleich zahlt der Staat jedes Jahr mehrere Milliarden Euro aus Steuermitteln an die Rentenversicherung. Diese Zuschüsse reichen jedoch nicht, um die übertragenen Aufgaben zu finanzieren. Daher müssen sie erhöht werden.
Künftig will die Regierung auch Aktiengewinne für die Rente nutzen und dazu einen Kapitalstock (das sogenannte Generationenkapital) neben der Rentenversicherung aufbauen. Alles Wichtige dazu liest du auf unserer Seite zur Aktienrente.
Weil das Rentenniveau in der Rentenversicherung politisch abgesenkt wurde, sind 2 weitere Säulen der Altersabsicherung wichtiger geworden:
Um die gesetzliche Rente zu stabilisieren und für höhere Renten zu sorgen, würde ein Großteil der Bevölkerung lieber höhere Rentenbeiträge zahlen, als noch später in Rente zu gehen. Das wollen besonders häufig die jüngeren Befragten zwischen 18 und 39 Jahren - 70 Prozent von ihnen sagen: lieber höhere Beiträge statt spätere Rente. 83 Prozent der Befragten halten das Rentenniveau – also das Verhältnis der Renten zu den Löhnen – für zu gering und fordern höhere Renten. Das hat eine Studie im Auftrag des DGB ergeben.
Studie „Alterssicherung in Deutschland: Herausforderungen und Erwartungen“ (2023). Befragung im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Arbeitnehmerkammer Bremen und der Arbeitskammer des Saarlandes.
Seit der Jahrtausendwende ist das Rentenniveau in Deutschland aufgrund politischer Entscheidungen gesenkt worden – derzeit liegt es bei 48 Prozent. Das bedeutet jedoch nicht, dass du als Rentner*in 48 Prozent deines letzten Lohns als Rente bekommst. Es handelt sich um einen statistischen Wert, der die Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung beschreibt. Ganz einfach gesagt: Das Rentenniveau zeigt an, wie viel Rente ein*e Durchschnittsrentner*in nach 45 Arbeitsjahren im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen erhält.
Finanziert wird die Rentenversicherung vor allem über die Beiträge. Der Beitragssatz liegt derzeit bei 18,6 Prozent vom Bruttolohn. Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen teilen sich diesen zur Hälfte. Bis 2025 ist gesetzlich garantiert, dass der Beitragssatz unter 20 Prozent bleibt und das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fällt. Was danach kommt, ist offen. Die Bundesregierung will das Gesetz ändern und dafür sorgen, dass das Rentenniveau dauerhaft bei 48 Prozent stabil bleibt.
Für uns als DGB ist entscheidend, dass das Rentenniveau nicht nur stabil ist, sondern perspektivisch wieder steigt – auch wenn die Beiträge dazu moderat erhöht werden müssen. Denn eine starke gesetzliche Rente heißt, dass alle höhere Renten bekommen und die Menschen weniger Geld für private Vorsorge ausgeben müssen. Um das höhere Rentenniveau und eine starke gesetzliche Rente zu finanzieren, brauchen wir einen Dreiklang aus fairen Löhnen, mehr Beschäftigung und guter Arbeit:
DGB/Joanna Kosowska
"Wie der Koalitionsvertrag es vorsieht, muss jetzt schnellstmöglich das Rentenniveau auf mindestens 48 Prozent, perspektivisch 50 Prozent, festgelegt werden – und zwar mindestens bis zum Jahr 2045. Die Koalition muss außerdem die Arbeitgeber dazu verpflichten, eine nennenswerte Einzahlung in die Betriebsrenten zu leisten. Denn genau das hilft arbeitenden Menschen. Darüber hinaus muss die Ampel sicherstellen, dass die Renten wieder im Gleichklang mit den Löhnen steigen. Die Wiedereinführung des Nachholfaktors verhindert das."
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel
Das musst du wissen:
Übrigens: Mehr als 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung wurde zum 1. Juli 2023 endlich der Rentenwert in Ostdeutschland an den von Westdeutschland angepasst. Seit Jahrzehnten haben wir und unsere Mitgliedsgewerkschaften uns dafür eingesetzt. Nun bekommen Beschäftigte in Leipzig und Rostock den gleichen Wert für einen erworbenen Rentenpunkt wie die Kolleg*innen in Köln und München. Die Aufwertung der heutigen Löhne bleibt noch bis Ende 2024 bestehen.
Entscheidend für deine spätere Rente sind die von dir erworbenen "Rentenpunkte" in der Rentenversicherung. So funktioniert die Berechnung:
Die Versprechen waren groß: Als in den 2000er Jahren begonnen wurde, das Rentenniveau zu senken, sollte die entstandene Rentenlücke einfach durch mehr private und betriebliche Altersvorsorge geschlossen werden. Doch die "Riester-Rente" hat gezeigt, dass sie nur hohe Kosten verursacht, aber wenig Rendite bringt. Und ein weiterer Grund ist offensichtlich: Arbeitnehmer*innen müssen die Kosten für die Riester-Rente allein tragen. Aber auch die Betriebsrenten sind hinter den Erwartungen zurückgeblieben und noch viel zu wenig verbreitet. Hier müssen sich einerseits die Arbeitgeber*innen mehr engagieren. Andererseits müssen sie mit Tarifverträgen, die wir als Gewerkschaften abschließen, dazu verpflichtet werden.
Wir sagen deshalb: Eine gute Altersabsicherung gibt es nur mit einer zuverlässigen und starken gesetzlichen Rente – ergänzt durch gute Betriebsrenten. Mit diesen 3 Maßnahmen lässt sich das erreichen:
Die Renten werden in Deutschland seit 2005 schrittweise auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Das heißt, dass die Beiträge zur Rentenversicherung bei der Steuer abgezogen werden dürfen. Die Beschäftigten haben also mehr Nettoeinkommen. Im Gegenzug wird die Rente dafür voll besteuert. Die Nettorente fällt dadurch geringer aus. Dieses Prinzip ist zum Vorteil der Versicherten, da zunächst alle mehr netto haben. Nur wer Rente bezieht, zahlt dann darauf Steuern. Wer viel und lange Rente bezieht, zahlt mehr Steuern. Insgesamt ist dies gerecht. Wenn die Rente auf die nachgelagerte Besteuerung umgestellt wird, basiert für Jahrzehnte ein Teil der Rente jedoch aus bereits besteuerten Beiträgen. Dieser Teil darf nicht noch einmal besteuert werden. Daher gibt es einen Rentenfreibetrag. Dieser hängt von der Rentenhöhe und dem Rentenzugangsjahr ab und sinkt bis 2040 auf Null. Dieser Übergang ist jedoch zu kurz und unzureichend. Daher muss er gestreckt werden. Die Beiträge sind seit 2023 voll steuerfrei. Damit ist der erste Schritt der Umstellung bereits erfolgt.
Das Thema Rente ist komplex. Unsere Mitgliedsgewerkschaften bieten dir deshalb in Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Versichertenberater*innen und Versichertenältesten der Deutschen Rentenversicherung umfassende und kostenfreie Hilfestellung. Informiere dich z. B. hier oder direkt bei deiner Gewerkschaft vor Ort:
Versichertenberatung finden über die Deutsche Rentenversicherung